04.09.2024 08:07
Im Zeichen der Sprachen
Der Monat September steht im Literaturhaus Thurgau in Gottlieben ganz im Zeichen der Sprachen. Mit Fanny Desarzens aus Lausanne und Fabiano Alborghetti aus dem Tessin sind am 5. und 19. September die Trägerin und der Träger des Schweizer Literaturpreises 2023 und 2018 im Literaturhaus Thurgau zu Gast.
Gottlieben «Berghütte» von Fanny Desarzens ist ein Debüt über drei Menschen im Angesicht einer mächtigen Berglandschaft, die das Wichtige nicht mehr sagen müssen. Sie teilen das unfassbare Glück – aber wissen auch, dass ein einziger falscher Schritt fatale Folgen haben kann. Im Winter arbeiten sie unten im Tal – der Sommer gehört den Bergen. Die drei kennen sich schon lange: Jonas und Galel sind Bergführer, Paul betreibt eine Hütte. Dort oben, auf 2000 Metern Höhe, sind sie in ihrem Element. Rundum Gipfel, Weite, Stille. Ein Nirgendwo, im Herzen der Welt. Wenn die einen nach Tagen des Wegs ihre Wanderer heraufbringen, wartet der andere mit frischgebackenem Brot. Dazu essen sie Alpkäse, trinken Wein, machen ein Feuer, erzählen. Was sie teilen, bleibt dort oben. Mit wenig Wörtern wird die Schönheit, aber auch das Bedrohliche der Berge evoziert, in einem Rhythmus, der den schweren Wanderschritten gleicht – eine Sprache, der man sich schwer entziehen kann.
«Maiser» erzählt in einer bilderreichen, starken Sprache von Bruno und seiner Familie, die in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre aus der umbrischen Kleinstadt Amelia ins Tessin einwandern, wie so viele. «Maiser» nannte man sie, «Polentafresser» und anderes mehr. Wir verfolgen die Geschichte dieser Familie, wie sie es zu einem bescheidenen Wohlstand bringt, wie sie fremd ist und langsam dazu gehört, wie sie Angst hat vor Schwarzenbachs Initiativen, wie sie sich nach Amelia in Umbrien sehnt, dort aber auch nicht mehr dazugehört. Das Schicksal dieser Familie wird exemplarisch und zum eindrücklichen Denkmal für unzählige ähnliche Schicksale. Die Versform, die Alborghetti für seine bildstarke Erzählung wählt, macht «Maiser» zu einem besonderen Buch, das auf bestechende Weise Dichtung mit sozialer Erzählung in Einklang bringt.
Fanny Desarzens stellt am Donnerstag, 5. September 2024, 19.30 Uhr, ihren Roman «Berghütte» (frz. «Galel») vor. Die Übersetzerin des Werks, Claudia Steinitz, ist ebenfalls vor Ort und liest Textpassagen in deutscher Sprache. Fabiano Alborghetti liest am Donnerstag, 19. September, um 19.30 Uhr, aus seinem Buch «Maiser». Die Übersetzerin, Klaudia Ruschkowski, ist anwesend und liest Textpassagen in deutscher Sprache.