Exorbitante US-Zölle treffen auch Thurgauer Unternehmen
Die «reziproken» Zölle in der Höhe von 31 Prozent, welche die US-Regierung gestern gegen die Schweiz verhängt hat, betreffen auch die Thurgauer Wirtschaft.
Die «reziproken» Zölle in der Höhe von 31 Prozent, welche die US-Regierung gestern gegen die Schweiz verhängt hat, betreffen auch die Thurgauer Wirtschaft.
Thurgau 2023 exportierten Thurgauer Unternehmen Waren im Wert von 262 Mio. Franken in die USA. Über fünfzig Prozent dieses Volumens sind Güter aus der Maschinen- und Metall-Industrie, die damit besonders stark von den Zöllen betroffen ist. Die Industrie- und Handelskammer Thurgau erwartet, dass sich die Schweizer Handelsdiplomatie rasch für eine Entschärfung der Lage einsetzt. Die aktuelle Situation zeigt auch die Notwendigkeit von rechtssicheren Beziehungen zu unseren wichtigsten Handelspartnern – insbesondere der Europäischen Union.
Die USA haben am 3. April 2025 einen Basiszollsatz von 10 Prozent auf alle Einfuhren in die USA per 5. April bekanntgegeben. Dazu kommen sogenannte länderspezifische Gegenzölle für Nationen mit einem besonders hohen Handelsbilanzüberschuss. 2024 betrug das Handelsdefizit der USA gegenüber der Schweiz 38.6 Milliarden Dollar. Güter aus der Schweiz werden ab dem 9. April von den USA deshalb mit einem «reziproken» Zollsatz von 31 Prozent belegt.
Um zur Zahl von 31 Prozent zu gelangen, teilt die US-Regierung schlicht das Handelsbilanzdefizit durch das Exportvolumen des jeweiligen Landes. Das Resultat wird halbiert und ergibt den von den USA erhobenen reziproken Zoll. Ob und in welcher Höhe die betroffenen Länder selbst Zölle erheben, scheint dabei nicht relevant. Von den neuen Zöllen ausgenommen sind unter anderem Exporte von Stahl und Aluminium, die bereits mit 25 Prozent belegt sind. Auch Pharmaprodukte sind vorerst nicht betroffen. Exporte von Autos und Automobilteilen werden ab heute separat mit 25 Prozent verzollt. Auch Produkte aus der EU werden von den USA ab dem 9. April mit Zöllen belegt – mit einem Satz von 20 Prozent.
Rund sieben Prozent aller Thurgauer Exporte fliessen in die USA, wobei das Volumen 2023 total 262 Mio. CHF betrug. Über die Hälfte davon sind Erzeugnisse der Maschinen- und Metallindustrie, die somit von den zusätzlichen Zöllen besonders stark betroffen ist. Eine bessere Ausgangslage könnten Unternehmen haben, die über eine Produktionsstätte in den Staaten oder eine US-Tochtergesellschaft verfügen. Die wichtigste Handelspartnerin für den Thurgau aber ist die EU: Zwei Drittel aller Thurgauer Exporte fliessen in den europäischen Binnenmarkt. Auch die neu gegen die EU erhobenen Zölle werden deshalb voraussichtlich Auswirkungen auf die Thurgauer Unternehmen haben. Denn diese werden die Preis- und Kostenanpassungen über die Lieferketten zu spüren bekommen.
Die IHK erwartet, dass sich die Schweizer Handelsdiplomatie gegenüber den USA rasch und dezidiert für eine Entschärfung der Situation einsetzt. Die «reziproken» Zölle sind in verschiedener Hinsicht haltlos: Gerade im Industriebereich hat die Schweiz beispielsweise 2024 die eigenen Zölle ganz abgeschafft. Die USA weisen gegenüber der Schweiz zudem einen Überschuss bei den Dienstleistungen auf. Panik ist allerdings fehl am Platz: Die Eskalation eines Handelskonflikts gilt es nach aller Möglichkeit zu vermeiden, denn eine solche hätte in wirtschaftlich ohnehin anspruchsvollen Zeiten unter anderem grössere wirtschaftliche Verwerfungen, massive Fehlallokationen und einen Investitionsrückgang zur Folge.
Die aktuelle Situation zeigt deutlich, wie wichtig regelbasierte Handelsbeziehungen sind, damit die Wirtschaft besser gegen willkürliche Massnahmen einzelner Akteure geschützt ist. Die IHK Thurgau ist deshalb überzeugt, dass die Schweiz gut daran tut, den rechtssicheren Weg zu ihrer wichtigsten Handelspartnerin EU mit den Bilateralen III auch für die Zukunft zu sichern und weiterhin auf Freihandelsabkommen mit wichtigen Handelspartnern zu setzen. Es wird sich in den kommenden Tagen und Wochen zeigen, wie die betroffenen Länder reagieren und wie ernst es der US-Administration mit den reziproken Zöllen ist.
IHK Thurgau
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