03.10.2024 05:00
Projekte auch mal verschieben
Gespräch mit Attila Wohlrab, Präsident des Arbeitgeberverbandes Kreuzlingen und Umgebung
Der Arbeitgeberverband Kreuzlingen sieht in der Stadt gewissen Investitionsbedarf, aber auch Sparpotenzial. Präsident Attila Wohlrab betrachtet die Lage grundsätzlich positiv, verbunden mit Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung.
Kreuzlingen Der Stadtrat weist im Finanzplan ein Investitionsvolumen für die Jahre bis 2033 von 180 Millionen Franken aus. Grosse Brocken dabei sind die Bodensee-Arena mit 26,2 Millionen, Gemeindestrassen mit 20,4 Millionen, das Parkhaus Hafenbahnhof mit 18,5 Millionen oder Stadthaus, Tiefgarage und Gestaltung Festwiese mit über 46 Millionen Franken. Anlässlich der Budget-Medienkonferenz bezeichnete Thomas Knupp, Leiter Finanzen, die Lage als «im grünen Bereich mit unsicherer Zukunft».
Stadt soll auch verkaufen
Attila Wohlrab, Präsident des Arbeitgeberverbandes, stimmt dieser Aussage und einem gewissen Investitionsbedarf in der Stadt grundsätzlich zu, aber «bei Nutzbauten wie etwa dem Betriebsgebäude von Energie Kreuzlingen gilt es zu überlegen, keine Prestigebauten zu realisieren». Ausserdem müsse die Stadt auch die Liegenschaften verkaufen, die sich nicht mehr brauche, so genannte Devestitionen seien angesagt. «Der Arbeitgeberverband hält die Sanierung des Verwaltungsaltbaus an der Hauptstrasse sowie die Neubauten der Verwaltung am Boulevard für sinnvoll. Sie sind breit abgestützt und schon lange fällig». Im Gegenzug könnten die beiden Liegenschaften Hauptstrasse 88 und 90 auf den Markt gebracht werden. «Wenn die neue Verwaltung steht, kann die Bauverwaltung umziehen, städtischer Nutzen besteht dann nicht mehr».
Der Arbeitgeberverband sei grundsätzlich nicht zu haben für Steuerfusserhöhungen. Angesichts der aktuellen Finanzlage «wird dies auch in Kreuzlingen vom Stadtrat angedacht und wohl bald zur Diskussion stehen». Was ihn ärgere sei die Tatsache, dass nicht gespart, sondern umgewälzt werde. «Vom Bund zum Kanton zu den Gemeinden und am Ende trifft es die Einwohnerinnen und Einwohner über höhere Gebühren und Steuern». Andererseits müsse der Stadtrat auch einmal den Mut haben, den Sparhebel anzusetzen. «Er muss sagen, in welchen Bereichen wieviel gespart werden kann ohne die Lebensqualität allzu sehr einzuschränken und muss die Kosten hinterfragen».
Befürworten würde Attila Wohlrab Steuererhöhungen dann, wenn «sie zweckgebunden sind, wie etwa um den Wegfall der Liegenschaftensteuern auszugleichen, was in Kreuzlingen etwa drei Steuerprozente ausmacht und natürlich nur auf absehbare Zeit».
Investitionen prüfen
Im städtischen Finanzplan sieht er einige Pläne, die für ihn keine Priorität haben. Dass er die neue Verwaltung befürworte heisse nicht, dass der Bau der Tiefgarage und die Umgestaltung Festwiese nach Bewilligung der Alternativprojekte gleich an die Hand genommen werden müssten. «Auch der Bau des Parkhauses Hafenbahnhof hat für mich keine Priorität, das Parkplatzproblem der Pädagogischen Hochschule darf nicht zur finanziellen Belastung der Stadt führen». Nicht nötige Investitionen sollten verschoben werden, bis die Ertragskraft wieder besser sei, meint Attila Wohlrab. «Die Bodensee-Arena funktioniert noch und eine Sanierung ohne Konstanzer Beitrag kommt für die Kreuzlinger Stimmberechtigten wohl nicht in Frage», blickt er voraus
Dass die Steuererträge derzeit stagnieren führt er auch auf die Probleme beim heimischen Gewerbe und der Industrie zurück. Viele bekannte Gründe seien ausschlaggebend, in Kreuzlingen «kommen leider noch die vielen Baustellen dazu, die das Leben der Gewerbler zusätzlich erschweren». Rechtzeitig auf der Baustelle zu sein, rechtzeitig die bestellte Ware zu liefern, das sei momentan schwierig. «Darauf sind die Unternehmen aber angewiesen», erklärt er.
Eine Frage der Zeit
Der Arbeitgeberverband Kreuzlingen sehe die Gegenwart und die nahe Zukunft positiv, aber auch mit gewissen Ängsten, was die wirtschaftliche Entwicklung angehe. Denn die globale Lage könne sich durchaus auch auf die heimische Wirtschaftssituation auswirken. «Kreuzlingen hat dank der KMUs eine stabile Wirtschaft, die Stadt hat einige Standortvorteile durch die sehr gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr nach Zürich und dem Flughafen, aber auch überzeugende innerstädtischen Buslinien, die Lage an der Grenze, die Bildungs- und Kulturangebote und die attraktiven Naherholungsgebiete». Aber auch die vielen Freizeit- und Sportanlagen seien Vorteile der Stadt. Und so ist sich Attila Wohlrab dann auch sicher, dass «wir aus einer aktuell eher stagnierenden Lage dank qualitativem Zuzug wieder herauskommen. Es ist meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit».
Von Kurt Peter