Das Come in Kafi ist ein beliebter Treffpunkt.
08.02.2024 09:36
Ein Ort der Freude und Hoffnung
Besuch des COME IN Cafés in Weinfelden
Einmal die Woche bekommen Flüchende in Weinfelden Raum für Gespräche, Spiele oder Hilfe bei den Hausaufgaben - je nachdem wo grad ein Bedürfnis da ist. Wir haben die Menschen aus aller Welt besucht, die eines gemeinsam haben: Nach einem Leben in Angst haben sie ein Zuhause in Weinfelden gefunden.
Weinfelden «Ja hoi! Hast du wieder deine Hausaufgaben mitgebracht?» Das kleine Mädchen nickt verlegen und zeigt Veronika Portmann ihr Büchlein. Anstatt mit den anderen Kindern zu malen oder Memory zu spielen, bittet die fleissige Schülerin um Hilfe bei den Ufzgis.
Die Besucherinnen und Besucher des COME IN Cafés letzten Montagabend strahlen eine ansteckende Energie aus. In der nächsten Stunde erfahre ich ihre Geschichten, unterhalte mich mit Händen und Füssen. Ich lerne eine ukrainische Journalistin kennen, welche schon so manches bewegt hat in Weinfelden, spreche mit einer einstigen Arztsekretärin aus Syrien, welche gerne ein Putzinstitut eröffnen möchte und beobachte die kleinen Besucher, wie sie fleissig malen, schnipseln und neugierig den Gesprächen der «grossen» lauschen, die sich in fremden Sprachen unterhalten. Veronika Portmann verspricht der kleinen Besucherin, sich nachher ihre Hausaufgaben anzuschauen, begrüsst die Neuankömmlinge und erzählt, dass eine Grosszahl der ukrainischen Frauen in Weinfelden Nataliia heissen und die Freiwilligen Helferinnen und Helfer manchmal ein «Durrenand» haben, welche nun gemeint sei. Die Damen verzeihen ihnen natürlich das «Gnusch» lächelnd.
Ein Ort der Freude und Hoffnung
Hier kommen sie alle wieder zusammen, die, welche sich in Weinfelden integrieren möchten, so viel Deutsch wie möglich lernen und sich vielleicht sogar in der Stadt einbringen wollen. Das Café, unterstützt von allen Kirchen Weinfeldens, bietet unkompliziert einen Raum, wo Suchende und Gestrandete, Kontaktfreudige und solche, welche einfach einen Rat brauchen, Platz haben. Vitali begrüsst Veronika und strahlt. Viele kommen jede Woche, und man baut ein Vertrauensverhältnis auf. Die Mitorganisatorin trägt knall rote Strümpfe, was bei den neuen Gesichtern ein Eisbrecher ist. Die «Stammgäste» kennen den bunten Modegeschmack «ihrer» Veronika.
«Ich möchte helfen»
Martin huscht an uns vorbei, serviert Kaffee und Kuchen, zwinkert den Kindern zu und freut sich über «Katzenzünglis» einer Freiwilligen Helferin, die dem 13-jährigen Bub so für seinen Einsatz dankt. «Als Martin elf Jahre alt war, rief er mich an. Er wolle helfen, was er tun könne.» Veronika Portmann ist sichtlich gerührt, als sie daran zurückdenkt. Seither ist der Schüler fast jeden Montagabend zur Stelle. Wenn Buben das Café besuchen, nimmt er sich ihrer an. Sucht den Kontakt und gibt ihnen das Gefühl, willkommen zu sein. An diesem Abend hat sind die Mädchen in der Überzahl und Martin übernimmt die Führung des «Buffets». An Freiwilligen Helferinnen und Helfern mangelt es momentan nicht im Café COME IN. Für die Organisatorinnen ein Segen, bedenkt man, dass immer mehr Vereine bei der Suche nach Helfenden zu kämpfen haben.
Kleine Freude machen
Ein Junge taucht dann doch noch mit seiner Mutter Olga auf. Er heisst Nazar und steht mit seinen grossen Kopfhörern auf den Ohren etwas verloren in einer Ecke. Veronika beobachtet ihn eine Weile. «Er fragt jedes Mal, ob wir ein Schachbrett haben und jemand mit ihm spielen würde. Leider haben wir weder ein Brett noch spielt jemand.» Er besitzt ein kleines Reiseschachspiel, auf dem man kaum die Felder mit den Minifiguren trifft. Als ich nach Hause komme erzähle ich meinem Mann Marc die Geschichte von Nazar. Er spielt seit seiner Kindheit leidenschaftlich Schach und führte eine Kinderschachschule. Ich bin gerührt, als er kurzerhand den Laptop öffnet, ein schönes hölzernes aussucht und auf den Bestell-Button drückt. Nächsten Montag treffen sich die beiden zu einem Duell.
Von Desirée Müller