Thomas Müller, Dr. iur., Rechtsberatung
Kann ich das Darlehen sofort zurückverlangen?
Frage: Vor neun Jahren habe ich einem Bekannten ein zinsloses Darlehen von 5'000 Franken gewährt, weil er in finanziellen Schwierigkeiten war. Einen schriftlichen Vertrag haben wir nicht abgeschlossen, und seither hatten wir auch nicht mehr gross Kontakt. Nun bin ich arbeitslos und könnte das Geld selber gut gebrauchen. Kann ich es sofort zurückverlangen oder muss ich ihm Zeit lassen?
Antwort: Sie können das Darlehen sofort kündigen, müssen aber die gesetzliche Kündigungsfrist von sechs Wochen einhalten. Diese Frist gilt immer dann, wenn die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben. Ihr Bekannter hat also nach Erhalt der Kündigung sechs Wochen Zeit, um Ihnen das Geld zurückzuzahlen.
Da die Auszahlung des Darlehens schon fast zehn Jahre zurückliegt, empfehle ich Ihnen, die Kündigung möglichst bald abzuschicken, und zwar per Einschreiben. Ihre Rückzahlungsforderung verjährt nämlich zehn Jahre und sechs Wochen nach der Übergabe des Geldes.
Falls Ihr Bekannter nicht reagiert, müssten Sie die Verjährung unterbrechen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: Sie können ihn betreiben oder zumindest dafür sorgen, dass er seine Schuld vor Ablauf der Frist schriftlich anerkennt. Auch eine teilweise Rückzahlung des Darlehens durch den Schuldner wäre nützlich, denn jede noch so kleine Zahlung gilt als Schuldanerkennung und unterbricht die Verjährung. Diese beginnt dann von neuem zu laufen.
Eine Schuldanerkennung können Sie auch erwirken, indem Sie den Schuldner bitten, das Darlehen für die Steuerbehörden schriftlich zu bestätigen. Oder Sie bieten ihm per Brief eine ratenweise Rückzahlung an. Wenn er dann das Briefdoppel unterschrieben zurücksendet, gilt der Vorschlag als angenommen und Sie haben in einem späteren Streit bessere Karten. Bleiben Sie hingegen während zehn Jahren und sechs Wochen nach der Aushändigung des Darlehens untätig, können Sie Ihre Forderung auf dem Rechtsweg nicht mehr durchsetzen.
Falls Sie wieder einmal Geld ausleihen, sollten Sie alle wichtigen Punkte wie Betrag, Laufzeit, Rückzahlungsmodus und allfällige Zinszahlungen in einem schriftlichen Darlehensvertrag festhalten. So riskieren Sie auch nicht, dass der Schuldner am Ende noch behauptet, Sie hätten ihm das Geld geschenkt.
Thomas Müller, Dr. iur.
Niederneunforn TG
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